Rezension von Oliver Guntner

KULTURKOLORIST

Franz Keller: Ab in die Küche. Wie wir die Kontrolle über unsere Ernährung zurückgewinnen

 „Ab in die Küche“ titelt Franz Keller in seinem neuesten Buch. Dabei präsentiert sich der Haupttitel wie die Geschmackskombination eines raffinierten Gerichts: Mit Humor gewürzt, unaufgeregt einfach und natürlich, dennoch mit etwas moralischer Strenge als Beigeschmack.

 

Keller, dessen Lokale und Restaurants mit Michelin-Sternen prämiert wurden, setzt seinen eingeschlagenen Weg der Rückkehr zu Genuss und Qualität fort. Seine Forderungen nach artgerechter Tierhaltung und der Abkehr von großindustriell hergestellten Produkten klingen nicht neu, stoßen sie doch ins gleiche Horn vieler Tier- und Verbraucherschützer. Doch möglicherweise unterstreicht die Tatsache, dass hier ein Sternekoch, quasi ein „Halbgott in Küchenweiß“, seine Meinung kundtut und Stellung bezieht, die Dringlichkeit die Verhältnisse zu ändern. Die Wirkung bleibt nicht aus, gewiss auch, da der Autor sich privat öffnet und der Koch Keller dem Mensch Keller stellenweise weicht.

 

Dieser Mensch lenkt unser Augenmerk auf skandalöse Zustände im Gastronomiebetrieb und präsentiert uns die Rückzugsmöglichkeit der eigenen Küche. Da Kochen auch eine Kulturtechnik sei, solle wieder aus eigener Kraft und Kreativität ein Stück Lebensqualität und Verantwortung für das eigene Leben zurückerobert werden. 

 

Manch Leser könnte auf die Idee kommen, dass hier „Brust oder Keule“, die 1976 erschienene Satire Claude Zidis literarisch fortgeführt wird. Dem ist nicht so: Kellers Ausführungen sind immer grundlagenbetonend und bodenständig. Getreu dem Titel seiner Autobiografie „Vom Einfachen das Beste“ möchte er auch den Leuten Mut geben, die sonst einen großen Bogen um Ofen und Herd machen.

 

Dies gelingt ihm nicht auf ganzer Linie. Obwohl die Gestaltung des Buches durch die z.T. an Tafelbilder erinnernden Sprüche genial einprägend ist und Keller einige Rezeptideen beilegt, verfällt er jedoch in den allgemeinen Küchenjargon. Natürlich, die Freude am Kochen wird auch durch das Experimentieren getrieben, doch weiß der Teenager auf Junkfood-Trip wirklich etwas mit „Zwiebeln anschmelzen“ anzufangen?

 

Dennoch ist Kellers Buch eine erfrischende und notwendige Bejahung ökologisch sinnvoller und zukunftsträchtiger Entwicklungen. Danken wir ihm, dass in unseren Küchen wieder Genuss einkehren soll, dass sich Geschmack und Nachhaltigkeit verbinde – und kommen sie „nur“ zum selbst gemachten Fleischsalat zusammen. Das Essen ist und bleibt ein zentraler Bestandteil unseres Lebens – somit hat jeder Grund genug sich damit, und sei es nur aus Eigeninteresse, auseinanderzusetzen.

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